Was passiert im Gehirn von Menschen bei der Teilnahme an einer Veranstaltung, zum Beispiel beim Besuch einer Messe? In einer bisher einzigartigen Studie, in Auftrag gegeben von fünf renommierten Event-Dienstleitern aus der Veranstaltungswirtschaft, wurden die Auswirkungen eines Messebesuchs auf das Unterbewusstsein bei Menschen untersucht. Das neurowissenschaftliche Institut Neurensics hat den Wert des Informationsflusses auf Veranstaltungen gemessen und die Ergebnisse verglichen mit anderen Formen des Informationsaustausches, zum Beispiel über Werbespots und Videos in den digitalen Medien. Mittels NIRS und MRI-Scans wurde nachgewiesen, dass Live-Formate, wie Messe-Events das Unterbewusstsein bei Menschen stärker anspricht und somit mehr Aufmerksamkeit für Botschaften erzeugt, als das beispielsweise bei digitalen Kontaktmomenten der Fall ist. Eine weitere, wichtige Erkenntnis aus der Studie: Videos können eine Veranstaltung im Live-Format nicht ersetzen. Allerdings können Videos die Lebensdauer eines Events signifikant erhöhen.
Der Initiator dieser Studie ist die niederländische NEXTLIVE-Schwesterplattform EventBranche.nl. Gemeinsam mit ihren Partnern, der Messe RAI Amsterdam, der in den Niederlanden führenden Event-Agentur D&B Eventmarketing, der DPG Mediengruppe und dem europaweit agierenden Event-Ausstatter Party Rent Group will man den Mehrwert von Live-Veranstaltungsformaten wissenschaftlich belegen.
Messung auf zwei Ebenen: während der Haushaltsmesse und an der Universität von Amsterdam
Wissenschaftler haben eine repräsentative Gruppe von 24 Messebesuchern der Haushaltsmesse 2020 in der RAI Amsterdam mit dem medizinischen Gerät NIRS – Near Infra Red Spectography – ausgestattet. Mittels NIRS wurde die unterbewusste Beurteilung von Wahrnehmungen gemessen. Kontaktemomente mit Messe-Ausstellern, wie Weleda, Fruitella und The Famous Grouse wurden über Video aufgezeichnet. Der so erzeugte Zusammenschnitt dieser Bilder repräsentierte den Messebesuch mit Empfang, Produktpräsentation und einem abschließenden Angebot. Er wurde im Nachgang einer zweiten, repräsentativen Gruppe von 24 Probanden zeitversetzt vorgespielt. Diese Zielgruppe erlebt also zeitverzögert einen digitalen Messebesuch. Die digitale Experience wurde in dem Fall mittels MRI-Scan an der Universität von Amsterdam gemessen. Dabei wurden emotionale Gehirnaktivitäten sowie deren positive oder negative Beurteilung gemessen.
Der persönliche Kontakt ist effektiver als eine digitale Begegnung
Augenscheinlich versucht das Gehirn, bei einem persönlichen Kontaktmoment auf einer Messe, ganz „bewusst“ Informationen zu verarbeiten. Die erhaltenen Informationen werden dabei vom Gehirn zusätzlich ausgewertet, um zu einer Schlussfolgerung zu kommen. Das daraus resultierende Ergebnis kann dann dazu führen, dass eine Information vom Gehirn gespeichert wird oder zu einer Kaufentscheidung führt. Um nun feststellen zu können, ob diese Gehirnaktivitäten ausschließlich bei Live-Formaten wie Messebesuchen entsprechend ablaufen, oder das Gehirn adäquat auch über andere Kontaktmomente, beispielsweise über TV-Werbesports aktiviert wird, hat man das Experiment um eine digitale Komponente erweitert. „Ein gewisser Bereich des menschlichen Gehirns wie innerhalb eines Live-Veranstaltungsformats, wie einer Messe, besonders intensiv angesprochen, beim Ansehen eines Videos wird dieser Bereich nicht oder deutlich weniger angesprochen“, erläutert der neurowissenschaftliche Experte Martin de Munnik vom Forschungsinstitut Neurensics. Dieser Teil des Gehirn ist maßgeblich an der Beurteilung einer erhaltenen Informationen beteiligt. Die Energie, die dieser Teil des Gehirns bei den Messebesuchern aufwendete, war wesentlich größer als die Energie bei den Probanden des digitalen Messebesuchs. Wir sehen darin eine erhöhte Investition des Hirn, um die Informationen während des Messebesuchs zu verarbeiten. Daraus leitet sich die Erkenntnis ab, dass ein persönlicher Kontaktmoment wesentlich effektiver ist als ein digitaler Kontaktmoment.
Mehr Hirn-Aktivitäten während Messen und Events
Einfach ausgedrückt: das menschliche Gehirn arbeitet mit Fakten und Emotionen. Die Summe dieser Hirnaktivitäten führt zu einem Verhalten, in diesem Fall zu einer Kaufentscheidung oder eben der Entscheidung, ein Produkt oder eine Leistung nicht einzukaufen. Die Entscheidung selbst wird immer auf Basis von Emotionen getroffen. Was uns Menschen allerdings von Tieren unterscheidet, ist die Tatsache, dass wir ein Bewusstsein haben. Es sei vor allem der vordere Teil des Gehirn, der Dorsolaterale präfrontale Kortex (DLPFC), der für die Planung und höhere Kontrollfunktionen, wie das Monitoring eines Verhaltens oder das Unterdrücken eines unerwünschten Verhaltens zuständig sei, so die Wissenschaftler. Die Verarbeitung von logischen Strukturen und kognitiven, auf Fakten basierten Informationen sorgt in diesem Teil des menschlichen Gehirns für ein erhöhtes Maß Aktivität. Wenn der tiefer liegende, emotionale Teil unseres Gehirn will eine Kaufentscheidung treffen will, dann ist es der DLPFC, so wie der vordere Teil des Hirn auch genannt wird, der eine Art letzte rationale Kontrolle durchführt.
‚Lean-in‘: Das Gehirn investiert
Der Vergleich der Gehirnaktivitäten bei einem Messebesuch mit den Aktivitäten bei des Gehirns währen der Wahrnehmung einer Video-Botschaft, zeigt, dass das Gehirn während einer Veranstaltung „bewusst“ nach Informationen sucht. Sjoerd Weikamp, Chef-Redakteur der Event-Plattformen EventBranche.nl und NEXTLIVEdcp.com, sagt dazu: „Die Wissenschaftler haben von Neurensics haben diese unterschiedliche Herangehensweise des menschlichen Gehirns ‚lean-in‘ und ‚lean-back‘ genannt. Bei der ‚lean-in‘ Methode werden Informationen proaktiv verarbeitet. Diese Methodik des Gehirns benötigt viel Energie. So kann man durchaus davon sprechen, dass das Gehirn also in das Sammeln, Verarbeiten und Beurteilen von Informationen investiert. Damit lässt sich im Umkehrschluss auch schlüssig erklären, warum kommerzielle Werbung so viele, sehr kostenintensive Kontaktmomente braucht, bis es tatsächlich zu einer Kaufentscheidung kommt, während der Besuch einer Messe, einer Veranstaltung oder einer Ausstellung sehr schnell positive Wahrnehmung oder eine Kaufentscheidung erzeugen.
Der Wert von Events und anderen Live-Veranstaltungsformaten
Der neurowissenschaftliche Experte Martin de Munnik zieht Bilanz: „Diese Studie belegt, dass der Live-Kontaktmoment eine viel höhere Wertigkeit hat als der digitale Kontaktmoment. Die Untersuchungen ergaben, dass das Gehirn beim Live-Kontaktmoment viel aktiver ist als bei der digitalen Komponente. Das Gehirn verarbeitet die Informationen beim direkten Kontakt nicht nur im Unterbewusstsein, sondern beschäftigt sich auch ganz bewusst ihnen. Ob es dabei nun um den Besuch einer Veranstaltung geht oder um die Interaktion zwischen Verkäufer und Kunde: wir stellen fest, dass das Gehirn beim persönlichen Kontakt mehr Energie aufwendet, um erhaltene Informationen zu Verarbeiten und zu speichern. Der direkte Augenkontakt, ein Lächeln oder auch verbale Signale innerhalb eines Gespräches scheinen dabei der ‚Schalter‘ zu sein, die diese Investition des Gehirn aktiviert.“
Ein Event - oder anders ausgedrückt: eine Maßnahme im Rahmen von Live-Kommunikation und Experience-Marketing eignet sich demzufolge hervorragend als Fundament für eine Kommunikationsstrategie. Gerade dann, wenn beispielsweise große Veränderungen anstehen oder bei der Implementierung neuer Techniken oder Prozesse in Unternehmen, wenn neue Produkte oder Dienstleistungen einer Erläuterung bedürfen, um ihr Mehrwert durch Fakten unterstrichen werden müssen, stellen Events einen echten Mehrwert im Kommunikationsmix von Marken, Konzernen, Unternehmen und NGOs dar. Die proaktive Herangehensweise des Gehirns im Rahmen von Events erzeugt eine wertvolle Investition in eine persönliche (Geschäfts-) Beziehung.
Über den Initiator und die Partner der Studie