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Gamification und Events: Mehrwert oder Spielerei?

Wie sieht die Zukunft von Live-Kommunikation und Experience-Marketing aus? Wo liegen die Chancen zu Effektivitätssteigerung? Victoria te Siepe  ist Gast-Redakteurin bei NEXTLIVE. Sie haSchüler und Studenten der Fachhochschule Utrecht befragt. 

Lassen sich mit Hilfe von Gamification Veranstaltungsziele besser erreichen? 

In 80% der Fälle erfüllen die Gamificationprojekte nicht die Ziele des Unternehmens. 
Viele Unternehmen setzen oft Gamificationelemente zu schnell ein, ohne darüber nachzudenken. Dennoch gibt es einen Aufwärtstrend bei der Nutzung von Gamification. Stellt sich allerdings die Frage: wie kann man den Erfolg der Gamification und damit den Erfolg der Veranstaltungsziele erreichen? 

Gamification ist eine der effektivsten Methoden, um Menschen zu motivieren und zu beeinflussen. Doch was genau ist Gamification? Was kann man als Veranstaltungsplaner damit erreichen? Und wie hilft dies dabei, Ziele der Veranstaltung positiv zu beeinflussen? 

Gamification bindet eine Zielgruppe in eine Aktivität ein

Vor Allem in der Jugend, aber auch im Erwachsenen-Alter tragen Spiel-Elemente zu unserer persönlichen Entwicklung bei. Die Anwendung von Games in Nicht-Game-Umgebungen wird als Gamification bezeichnet (Van der Straeten, 2017). Laut Gerritsen und Van Olderen (2017) ist Gamification eine sehr geeignete Methode, eine Zielgruppe in eine Aktivität einzubinden, als Zuschauer oder als aktiver Teilnehmer. Jelle van Dijk, Direktorin und Inhaberin von Serious Game Media, stimmt ebenfalls zu: "Beim Spiel geht es um die kontinuierliche Verbesserung der eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Gerade deshalb sind Spiele auch für die Professionalisierung von Veranstaltungen bestens geeignet" (Events.nl, 2017). 

Games und die "Experience-Economy“ 

Joseph Pine, ein führender Unternehmensberater, sagte 1999 voraus, dass eine neue Wirtschaft namens "Experience-Economy" entstehen würde. Damals sagte er, dass die Verbraucher durch nachhaltige Erlebnisse auf besondere Weise an ein Produkt oder eine Dienstleistung gebunden werden sollten (Hufen, 2010). „Computerspiele, besonders Online Games sowie FIFA und Minecraft haben in den letzten Jahren enormes Wachstum verzeichnet und an Beliebtheit zugenommen. Und nebenher – so paradox es auch klingt – wächst der Markt für Brettspiele stark.“ (Hover & Horsten, 2004). 

Ein Teil dieser Experiene-Economy ist die "Entertainment-Ära". Heutzutage spielen Game-Elemente eine immer gewichtigere Rolle in unserem täglichen Leben (Hufen, 2010).  
Nimmt man zum Beispiel den  My Starbucks Reward. Jedes Mal, wenn der Verbraucher ein Starbucks-Produkt kauft, sammelt er Sterne in seiner App. Wenn eine ausreichende Anzahl von Sternen erreicht wird, kann er auf die nächste Stufe aufsteigen und eine Starbucks-Belohnung erhalten, wie zum Beispiel einen kostenlosen Kaffee oder gewisse Sonderangebote. Starbucks' Ziel bei diesem Spiel ist es, das Konsmenten-Erlebnis zu verbessern und den Umsatz dadurch steigern (Chou, 2016). 

Games sind auch darauf ausgelegt, für immer mehr Entertainment zu sorgen. Laut Jan Berend Hoogendoorn, der für das Unterhaltungsunternehmen Trimoo arbeitet, werden viele verschiedene Games entwickelt, in denen Turniere veranstaltet werden können. Spiele wie CS:GO und FIFA haben sehr große Communities, in denen viele Freundschaftsspiele gespielt werden und in denen eine Mannschaft für große Turniere trainiert wird (persönliche Kommunikation, 20. Februar 2019). 

Teilen Sie Ihre Veranstaltungsteilnehmer in Spielertypen ein 

Bei dem Wort Gamification kommt schnell der Gedanke, dass dies nur für die jüngere Generation nützlich sein kann, wie zum Beispiel die Generation Z, die ständig am Handy hängt.  
Auch Gerritsen und Van Olderen (2017) bestätigen, dass Spielelemente oft mit etwas Kindischem assoziiert werden. Doch stellen Sie sich vor: Das Durchschnittsalter der „Gamer“ liegt tatsächlich 35 Jahre! Ähnlich erstaunlich ist es, dass die Altersgruppe 18-49 etwas weniger als die Hälfte der Zeit mit Games verbringt, verglichen mit unter 18-jährigen und über 49-jährigen. 

Das bedeutet, dass die Gamification nicht auf bestimmte Altersgruppen beschränkt ist.  
Das gleiche gilt für Unterschiede zwischen Geschlechtern: Denn auch hier liegt die Verteilung bei etwa 50/50. Möchte man also Veranstaltungsziele durch Gamification erreichen, hilft ein zu tiefer Blick auf die Demografien der Besucher nicht sonderlich weiter (Eventbranche, 2018). Daher sollte man die Zielgruppe als Spieler im „Game“ betrachten und weniger nach deren Demografie schauen. Segmentieren Sie die Zielgruppe in Spielertypen, zum Beispiel anhand von Richard Bartle‘s Theorie (1996). (Van Vliet, 2016) 

Bartle geht von vier verschiedenen Spielertypen aus, eingeteilt auf zwei Achsen. Auf der horizontalen Achse befinden sich die Variablen „Players“ und „World“, auf der vertikalen Achse befinden sich „Acting“ und „Interacting“.  

Der Spielertyp „Killer“ spielt, um zu gewinnen. Hier werden sämtliche Methoden eingesetzt, um an das eigene Ziel zu kommen und oben zu stehen. Die „Achiever“ wollen Punkte erzielen, Ihren Level erhöhen und kleinere Ziele erreichen. Die „Socializer“ spielen Games nur aus Gründen der Geselligkeit und dem Vergnügen. Ihr Motto ist „Mitmachen ist wichtiger als Gewinnen“. Die „Explorer“ sind Abenteurer. Sie graben und suchen nach versteckten Items oder Tipps. 

Nachfolgend werden 3 Events mithilfe von Bartle’s Model analysiert. 

1. Die Socializer auf dem Amsterdam Open Air 

Das Ziel des Amsterdam Open Airs – einem niederländischen Musikfestival – ist es, eine intime Plattform zu kreieren, auf der die Besucher gemütlich "abhängen-", aber auch mit Freunden etwas unternehmen- und neue Leute treffen können. 

Diese Zielstellung passt am besten zum Spielertyp „Socializer“. Denn diese sind sehr fokussiert auf den sozialen Aspekt und darauf, ein Netzwerk auf Freunden und Kontakten zu entwickeln. 
Während des Amsterdam Open Airs in 2017 wurde solch ein Spot für die Socializer in Form eines T-Rooms eingerichtet. In diesem dreistöckigen Turm wurden Gäste eingeladen, Spiele wie Pipette Roulette zu spielen.  Bei diesem Spiel bekommt jeder Spieler einer Gruppe ein Pinnchen mit einem Getränk. Der Haken dabei: Eines dieser Pinnchen war einem stark pfefferhaltigen Getränk gefüllt. Dies sorgte natürlich nicht nur für ein Grinsen auf den Gesichtern der Spieler, sondern auch für ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Weiterhin wurden zwischen den Socializern neue Freundschaften geschmiedet, während diese beispielsweise auf einem Sofa eine Partie Mario Kart spielen (Noisey, 2017). 

2. Die Achievers von Lowlands 

Lowlands ist ein niederländisches Musikfestival mit allerlei Entertainmentprogrammen. Das Ziel des Veranstalters liegt darin, dem Besucher das Gefühl zu geben, ein wichtiger Teil eines größeren Ganzen zu sein. Die „Lowlanders“ erleben das glückliche Gefühl des Sieges, wenn einer der besten Plätze bei einem bestimmten Event erobert wurde, oder wenn Sie sich mit ihrem Zelt auf dem coolsten Platz des Campingplatzes niedergelassen haben. Dies macht sie zur besten Wahl für den Spielertyp der Achiever. Die Achiever konzentrieren sich auf das Erreichen eines gewissen Status und das schnelle Erreichen vorgegebener Ziele.  

Während des Lowlands Festivals 2013 und 2014 hielt man ein besonderes Gadget für die Achievers bereit. Während dieser Festivals wurden Gratis-Armbänder verteilt, welche an Facebook Accounts gekoppelt waren. So konnte man bei jeder Bühne „einchecken“ und danach eine personalisierte Übersicht bekommen über alle Konzerte und Events, die man besucht hat. Die Spieler wurden enthusiastisch, wenn Sie „einchecken“ konnten und stürmten nahezu auf diese Checkpoints los. Das Armband strahlte ein Gefühl der Zugehörigkeit aus! 

 

Die Explorer von Solar 

Solar ist ein Festival voller Musik, Kreativität, Spiel und Liebe. Laut Roel Beurskens, der seit fünf Jahren interaktive Theatershows für Solar entwickelt, ist das Spielelement bei Solar sehr wichtig, weil es die Besucher aus dem Alltag reißt. Gerritsen und Van Olderen haben auch in ihrem Buch Der Event als strategisches Marketinginstrument darüber geschrieben: "Spielelemente werden seit vielen Jahren bei (Firmen-) Veranstaltungen eingesetzt, und das mit Erfolg: Sie lassen Menschen von eingefahrenen Mustern los, tragen sie in eine Erfahrung mit und bietet Raum für Interaktion (im sozialen Kontext)". (2017).  Die Besucher von Solar sind am besten für den Spielertyp der Explorer geeignet.  
Explorer konzentrieren sich auf das Entdecken und haben den Drang, das Unbekannte zu entdecken. 

Gamification versus Erfolg 

Hein te Siepe, Eventmanager bei Libema Messen & Events in den Niederlanden, nennt mehrere Schritte, die man durchlaufen muss, um Gamification erfolgreich als Kommunikationstool einzusetzen. 

  • Definieren Sie die Ziele. Setzen Sie sich konkrete Ziele und fragen Sie sich, was Sie mit den Zielen erreichen wollen. Überlegen Sie, warum die Kommunikationsmittel, in diesem Fall das Spielelement, mit den Zielen übereinstimmen. 

  • Legen Sie im Anschluss Ihre Zielgruppe fest. Schauen Sie sich ihre Motivation, ihr Verhalten und ihre Bedürfnisse an. Sie können Bartle's Modell dafür verwenden, denn es zeigt, wie dynamisch Menschen miteinander umgehen! 

  • Denken Sie darüber nach, wie das Spiel gestaltet werden könnte. Stellen Sie sicher, dass das Spiel vor allem den Spielern Spaß macht. 

  • Zuletzt bestimmen Sie die genauen Spielelemente. Diese Elemente entsprechen der Motivation der Spieler. Je nach Spielertyp bestimmen Sie also das Spielelement. Durch die Vergabe der richtigen Belohnungselemente fokussiert sich der Spieler stärker auf ein Ziel (persönliche Kommunikation, 1. März 2019). 

Kann man mit Hilfe von Gamification Veranstaltungsziele besser erreichen? 

Zurück zu der wichtigen Tatsache, dass 80% der Gamification-Projekte ihre Ziele nicht erreichten. Wurden hier wichtige Schritte übersprungen und damit nicht den Bedürfnissen des Spielertyps entsprochen?  Oder haben die verbleibenden 20% ein Geheimrezept, wodurch es am Ende doch funktioniert?  Finden Sie es heraus, indem Sie selbst Gamification für Ihre Veranstaltungen einsetzen. 

Gamification ist mehr als nur Spaß

Es ist wichtig, nicht von der Gamification als Startpunkt eine Strategie für Ihren Event und die Eventziele zu entwickeln. Besser ist es, die Game-Elemente als Mittel zum Zweck der  Zielerreichung zu nutzen, wenn sich dies anbietet.  Wie bei jedem Kommunikationstool muss es schließlich zum Ziel und zur Zielgruppe passen, die Sie erreichen wollen. Gamification ist mehr als nur ein Spiel! w

„Gamification kann zur Erreichung eines bestimmten Zieles führen – so zum Beispiel zu mehr Engagement der Besucher. Und jeder Event ist anders: Manchmal machen Badges, Punkte und Ranglisten mehr Sinn, manchmal auch alternative Lösungen.“ (Streck, 2016). 

Literaturliste 

3FM. (2018, 2 augustus). ""Het spelelement op Solar Weekend is super belangrijk!"". Geraadpleegd van https://www.npo3fm.nl/solar/video/385719-het-spelelement-op-solar-weekend-is-erg-belangrijk 

Chou, Y. (2016). Top 10 Marketing Gamification Cases You Won’t Forget. Geraadpleegd van https://yukaichou.com/gamification-examples/top-10-marketing-gamification-cases-remember/ 

EventBranche. (2018, 8 februari). Nieuws: Hoe weet u of Gamification dé oplossing is voor de doelstelling van uw evenement? Geraadpleegd van https://www.eventbranche.nl/nieuws/hoe-weet-u-of-gamification-d%C3%A9-oplossing-is-voor-de-doelstelling-van-uw-evenement-14067.html 

Events.nl. (2017, 8 december). Gamification: meer bezoekers en hogere betrokkenheid op uw evenement. Geraadpleegd van https://www.events.nl/nieuws/gamification-meer-bezoekers-en-hogere-betrokkenheid-op-uw-evenement 

Gerritsen, D., & Van Olderen, R. (2017). Het event als strategisch marketinginstrument (2e ed.). Bussum, Nederland: Coutinho. 

Hover, M. & Horsten, P. (2004). Handleiding cursus imagineering. 

Breda: NHTV. [Niet gepubliceerd.] 

Hufen, B. (2010). Laat met je merk spelen: games als marketingmiddel (Herz. ed.). Deventer, Nederland: Kluwer. 

Noisey. (2017, 16 juni). In de T-Room kom je samen voor cocktails, een vet huisfeestje en retrogames. Geraadpleegd van https://noisey.vice.com/nl/article/59zwxd/in-de-t-room-kom-je-samen-voor-cocktails-een-vet-huiskamerfeestje-en-retrogames 

Streck, H. (2016). Gamification: de kracht van beleving (Herz. ed.). Amsterdam, Nederland: Futuro Uitgevers B.V. 

Van der Straeten, K. (2017). Eventplanner: De standaard voor het organiseren van evenementen (3e ed.). Tielt, België: Lannoo Campus. 

Van Donselaar, M. (2014, 11 november). Gamification op festivals - playing the story. Geraadpleegd van https://www.marketingfacts.nl/cookies/?s=%2Fberichten%2Fgamification-op-festivals-playing-the-story 

Van Vliet, A. (2016, 14 juli). Wat voor gamer ben jij? De vier typen gamers van Bartle [Illustratie]. Geraadpleegd van https://gamer.nl/artikelen/achtergrond/wat-voor-gamer-ben-jij-de-vier-typen-gamers-van-bartle/?API_COOKIE_REDIRECTED=True "

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