Wie werden Live-Kommunikation und Experience-Marketing 2022 schwerpunktmäßig organisiert – Live, Digital oder Hybride? Diese Frage beschäftigt derzeit nicht nur die Eventbranche selbst. Vor allem Marken und Unternehmen, die Events und Erlebnismarketing in ihrem Kommunikationsmix einsetzen, stehen vor der Frage, wie planen wir 2022?
Gerd De Bruycker ist Marketing Director EMEA bei Cisco Systems, einem US-amerikanischen Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche. Der gebürtige Niederländer De Bruycker zeichnet in seiner Funktion für Strategie und Konzeption, das integrierte Marketing sowie für das Event-Marketing bei Cisco verantwortlich. Chef-Redakteur Sjoerd Weikamp sprach Gerd De Brucker unter anderem über die Relevanz von Events und Experiences innerhalb der strategischen Kommunikation bei Cisco.
Foto: Gerd de Bruycker ist Marketing Director beim Telekommunikations-Konzern Cisco.
Redaktion
Gerd, wir kennen einander vom BEA World Festival, wo du zur Jury gehörst. In deiner Funktion als Marketing Director EMEA bei Cisco bist du wie viele andere Marketing- und Budgetentscheider direkt von allen Corona-Maßnahmen betroffen. Wie das laufende Event-Jahr dahingehend für Cisco aus – plant ihr schon wieder live, arbeitet ihr hybride oder seid ihr aktuell noch immer digital unterwegs?
Gerd de Bruycker
Wir sind im Moment und bis auf weiteres noch immer komplett digital unterwegs. Es ist rigendwie fast schon witzig, wie sich die Dinge manchmal entwickeln. Denn vor ein paar Jahren hatte ich einen Spezialisten für digitales Marketing im Cisco-Veranstaltungsteam eingestellt, weil wir bereits sahen, wie wichtig digitale Elemente im Event-Marketing waren und wie technische Plattformen auch im Rahmen physischer Präsenz-Veranstaltungen eine wichtige Rolle spielen konnten. Heute, in der pandemischen Situationen, ernten wir die Früchte dieser Investition, denn mit der Expertise inhouse verfügen wir über ein großes Maß an Know-how, wenn es um den Einsatz von Technologien und Plattformen im Rahmen von Live-Kommunikation und Experience-Marketing geht.
Redaktion
Wie sehen die kommenden Monate bei Cisco für euch aus, wenn es um die Veranstaltungsplanung geht?
Gerd de Bruycker
Cisco ist ein amerikanisches Unternehmen und daher ist davon auszugehen, dass man sehr vorsichtig sein wird. Wir sind jetzt seit einem Jahr zu Hause und Präsenzveranstaltungen waren und sind bis auf weiteres auf Eis gelegt. Digital ist meiner Meinung einfach nicht dasselbe wie physisch. Bei uns sehnen sich danach, wieder zusammenzukommen. Ergo: Live kommt zurück, nur den Zeitpunkt kann an noch nicht konkret benennen.
Foto: Auch künftig will man bei Cisco wieder große Live-Konferenzen veranstalten.
Redaktion
Wie hast du eure Reise ins Land der digitalen- und hybriden Events erlebt?
Gerd de Bruycker
Wenn ich das in einem Wort beantworten sollte, würde ich sagen: wechselhaft. Die Anzahl der Veranstaltungsteilnehmer wechselte online gerade zu Beginn der Pandemie noch sehr, auch die Anzahl der von durchgeführten Webinare war völlig unterschiedlich, mal waren es mehr, dann wieder weniger. Im Kontext Sponsoring mussten wir uns mit der Frage befassen, wie der ROI bei einem Online-Event im Vergleich zur Präsenzveranstaltung aussieht.
Foto: Wie unerscheidet sich der ROI bei einem Online-Event im Vergleich zu Live-Events?
Und dann eine weitere zentrale Frage: wie funktioniert nachhaltiges Networking im digitalen Raum? Online-Events unterscheiden sich inhaltlich und was die Dramaturgie angeht erheblich von physischen Veranstaltungsformaten, auch was Zeitzonen und unterschiedliche Sprachen angeht. Nach diversen Boom-Momenten konnten wir dann auch ganz klar eine Webinar-Ermüdung bzw. Erschöpfung feststellen. Qualitativ guter Content sowie eine effektive Kommunikation sind für die Qualität der Veranstaltungsteilnehmer von Online-Events deshalb enorm wichtig.
Redaktion
Gerd, du sprichst die Relevanz von gutem Content an, welche weiteren Tipps & Tricks hast du für unsere Leser, wenn es um die erfolgreiche Planung und Umsetzung von Online-Events geht?
Gerd de Bruycker
Digital versus Live: das sind echt zwei völlig verschiedene Kanäle, die deshalb auch zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen erfordern. Schau mal, wie in unserem Video-Call gerade miteinander sprechen, Sjoerd. Du stehst. Warum? Im Stehen ist der Austausch besser, weil lebendiger, dynamischer und somit interaktiver.
Dabei spielt aber auch der Einsatz der Technik eine gewichtige Rolle, beispielsweise die Qualität des Mikrofons. Ich benutze während unseres Interviews ein Headset, weil es die Hintergrundgeräusche meiner Nachbarn, die aktuell im Garten arbeiten, ausblendet. Der Lautsprecher eines Webinar-Teilnehmers kann lauter eingestellt sein als der eines anderen. Dem musst du online Rechnung tragen.
Die Konzentration und damit die Teilnahmedauer bei Webinaren ist außerdem viel kürzer als bei einem Live-Workshop. Ergo: du musst die relevanten Informationen viel effektiver und schneller auf den Punkt bringen. Denn online werden Teilnehmer:innen auch viel schnell abgelenkt, z.B. durch einen Arbeitskollegen, das Telefon oder ein E-Mail, die gerade hereinkommt. Das ist der Punkt, an dem wir uns alle weiterentwickeln müssen.
Insgesamt kann man sagen: wir lernen jeden Tag. Dabei tragen viele kleine Elemente gemeinsam zu einem Top-Erlebnis bei. Übrigens, dazu gehören auch die richtigen Speaker. Denn Speaker, die bei einer Präsenzveranstaltung top performen, liefern digital lange nicht adäquat ab.
Video: Gerd de Bruycker (Cisco) im Video-Interview mit Chef-Redakteur Sjoerd Weikamp.
Redaktion
Wann werden die Cisco-Events wieder in Präsenz stattfinden?
Gerd de Bruycker
Wir sehen bereits seit Monaten physische Veranstaltungen in Asien. Es wird allmählicher Prozess werden, aber wir werden auf jeden Fall mit Live-Events zurückkommen und große Konferenzen veranstalten, da bin ich mir ganz sicher. Die Frage, die mich wirklich beschäftigt, ist, wie ein hybrides Konzept aussehen wird, und muss es hybrid sein, ist das die richtige Lösung? Ein Treffen auf C-Level mit einer kleinen Anzahl von Leuten und dann 5 weitere im Büro online? Ist das dann ein Hybrid-Event? Ich persönlich bin der Meinung, dass die ganz großen Veranstaltungen von der Hybridisierung profitieren. Die hochwertigen Teilnehmer kommen physisch zusammen, und online erreichen Sie die Massen, wo Sie auch viel mehr Markenbewusstsein schaffen.
Redaktion
Gerd, wie siehst du als Marketing- und Budgetentscheider eines Telekommunikations-Unternehmens das Verhältnis zwischen physischen, hybriden und Online-Events für die Zukunft?
Gerd de Bruycker
Bei Cisco setzen wir seit Jahren auf Streaming und den Einsatz von digitalen und hybriden Veranstaltungskonzepten, aber die Live-Experience hatte in unserem Kommunikationsmix immer den höheren Stellenwert. Ich denke, der Anteil von Live und Digital wird bei Cisco künftig durchaus auf dem gleichen Niveau sein, aber dann halt mit unterschiedlichen Teams produziert werden. Vielleicht werden in dem Zusammenhang sogar die Inhalt unterschiedlich sein, mit einem viel größeren Publikum, aber auch viel mehr Arbeit. Ob man diese beiden Komponenten – Live und Digital – zubringen bringen muss, das ist für mich aktuell eher ein Fragezeichen. Ebenso wie die Frage, ob hybride Formate gerade für kleinere Veranstaltungen die ideale Lösung bieten.
Redaktion
Hat Cisco einen Fahrplan für seine eigenen Veranstaltungen?
Gerd de Bruycker
Wir diskutieren über einen Fahrplan. Wir wollten dieses Jahr eigentlich eine große Cisco Live-Veranstaltung in Amsterdam durchführen, die allerdings dann doch abgesagt wurde, aber wir haben beschlossen, stattdessen eine globale, virtuelle Cisco-Veranstaltung über drei Zeitzonen hinweg durchzuführen. Mit spezifischen Inhalten pro Region.
Foto: Live, Digital oder Hybride: welches Format gilt es wann einzusetzen?
Redaktion
Eine abschließende Frage, lieber Gerd: Wird es sich bei den ersten Präsenz-Veranstaltungen von Cisco zuerst um interne Events oder um Kundenveranstaltungen drehen?
Gerd de Bruycker
Es wird sich tatsächlich um beides drehen. Die Tatsache, dass wir alle zu Hause sitzen, spricht dafür, dass wir auf jeden Fall Leute zurück ins Büro holen, nur für physische Meetings und um einander wieder zu begegnen. Aber wir sind ein Unternehmen wie jedes andere, wir müssen Geld verdienen, also müssen wir wieder Demos und Versuche durchführen und Produkte verkaufen. Es werden also wieder Workshops angeboten, aber zunächst in kleinerem Rahmen mit begrenzter Teilnehmerzahl und dann schrittweise in größerem Umfang. Zuerst auf meinem Radar: Cisco Live 2022. Wir werden daraus ein fantastisches Event in Amsterdam machen.
Redaktion
Lieber Gerd, vielen Dank für das interessante und wiederum sympathische Interview. Ich hoffe, dass wir einander bald wieder live begegnen werden.
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Quelle: NEXTLIVE-Schwester - Eventbranche.nl